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Stellungnahme zur Auffrisch-Impfung gegen COVID-19 in der Schwangerschaft und Stillzeit

Würzburg, 02.10.2023

Die Pandemie mit SARS-CoV-2 erscheint vorbei, aber aktuell steigt die 7-Tage-Inzidenz wieder deutlich und erreichte Ende September 10 Fälle pro 100.000 Einwohner (tagesaktuell dem Corona-Pandemieradar zu entnehmen https://corona-pandemieradar.de/inzidenz)). Es kann vermutet werden, dass die tatsächliche Inzidenz höher liegt, als dies die erkannten und gemeldeten Fälle nahelegen. Zudem kann in den Wintermonaten mit steigenden Infektionszahlen gerechnet werden.

Die zwischenzeitlich im Verlauf der Pandemie durch Impfung und/oder Infektion erworbene Immunkompetenz in der Bevölkerung trägt sicherlich dazu bei, dass das individuelle Risiko einer Infektion und eines schweren Verlaufs der Erkrankung bei auch weniger aggressiver Virusvariante gering ist. Die Beurteilung des Risikos für schwangere und stillende Frauen durch die aktuell zirkulierenden Virusvarianten des SARS-CoV-2 wird erschwert durch eine unzureichende Datenlage.

Für Deutschland kann in Bezug auf schwangere Frauen auf Daten aus dem CRONOS-Register zurückgegriffen werden, in dem Daten zu mehr als 8000 Betroffenen bis Mitte 2022 gesammelt wurden. In dem CRONOS-Satellites Projekt wurden zudem Daten zu mehr als 1200 in der Schwangerschaft geimpften Frauen im gleichen Zeitraum erhoben. Diese belegen ein höheres Risiko für ungünstige Ereignisse und Krankenhaus-Behandlung bei Infektion mit dem Virus in der Schwangerschaft. Der Schutz durch eine Impfung war nach den Auswertungen des CRONOSRegisters im Einklang mit internationalen Daten jedoch auch noch bei der weniger aggressiven Virusvariante Omicron nachweisbar: Geimpfte Frauen haben ein niedrigeres Risiko für eine stationäre Aufnahme und Behandlung wegen COVID-19 als ungeimpfte Frauen (1). Auch wenn die Omicron-Virusvariante vergleichsweise mildere Krankheitsverläufe verursacht, sind die tatsächliche Auswirkung einer Infektion mit aktuell zirkulierenden Virusvarianten mangels systematischer Analysen nicht sicher einzuschätzen. Zusätzlich zum bestehenden Sicherheitsprofil des Impfstoffs (2) belegt eine neue US-amerikanische Auswertung des Center of Disease Control (CDC) aus dem Zeitraum März 2022 bis Mai 2023, dass Kinder von Frauen, die in der Schwangerschaft geimpft wurden, bis zum Alter von 6 Monaten nach der Geburt weniger häufig wegen COVID-19 stationär aufgenommen werden mussten (3).

Die aktuelle STIKO-Stellungnahme vom Februar 2023 (4) empfiehlt eine zusätzliche 2. Auffrischimpfung für schwangeren Frauen mit einer Grunderkrankung und höherem Risiko wie Adipositas oder Diabetes mellitus / Gestationsdiabetes. Vor dem Hintergrund der bestehenden Sicherheitsdaten zum mRNA-Impfstoff Comirnaty® (Biontech) und der grundsätzlichen Empfehlung zu Impfungen in der Schwangerschaft (2) kommt die Fachgruppe der Fachgesellschaften DGPM, DGGG, AGG, DGPGM zu dem Ergebnis, allen schwangeren Frauen sowie insbesondere Frauen mit Planung / Wunsch einer Schwangerschaft eine Auffrisch-Impfung mit einem adaptierten Impfstoff zur Wintersaison zu empfehlen.

Diese Empfehlung steht im Einklang mit anderen internationalen Fachgesellschaften wie der SGGG, CDC, SMFM, RCOG (5, 6, 7, 8) und in Analogie zur Influenza- und Pertussis-Impfung.

Redaktionsgruppe:
Prof. Dr. med. Ulrich Pecks (Würzburg)*

DGPM
Prof. Dr. med. Ekkehard Schleußner (Jena), Dr. med. Janine Zöllkau (Jena), Prof. Dr. med. Mario Rüdiger (Dresden)
GGG
Prof. Dr. Barbara Schmalfeldt (Hamburg), Prof. Dr. med. Sven Kehl (Erlangen), Dr. med. Carsten Hagenbeck (Düsseldorf)
AGG in der DGPM
Prof. Michael Abou-Dakn (Berlin), Prof. Dr. med. Annegret Geipel (Bonn), Prof. Dr. med. Tanja Groten (Jena), Prof. Dr. Markus Schmidt (Duisburg) DGPGM PD Dr. med. Dietmar Schlembach (Berlin)

*Prof. Dr. med. Ulrich Pecks, Professur für Maternale Gesundheit und Hebammenwissenschaft an der JMU Würzburg, Leitung der Geburtshilfe an der Frauenklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Würzburg Josef-Schneider-Straße 4, 97080 Würzburg.

Literatur:
(1) Pecks U, Mand N, Kolben T, Rüdiger M, Oppelt P, Zöllkau J, Dempfle A, The CRONOS registry. SARS-CoV-2 Infection During Pregnancy. Dtsch Arztebl Int. 2022 Sep 5;119(35-36):588-594

(2) Takla A, Matysiak-Klose D, Bogdan C, Harder T, Ledig T, Neufeind J, Pecks U, Schleußner E, van der Sande M, Röbl-Mathieu M: Empfehlung und Begründung der STIKO zur Impfung gegen COVID-19 von Schwangeren und Stillenden. Epid Bull 2021;38:10-36 | DOI 10.25646/9030

(3) Simeone RM, Zambrano LD, Halasa NB, Fleming-Dutra KE, Newhams MM, Wu MJ, Orzel-Lockwood AO, Kamidani S, Pannaraj PS, Irby K, Maddux AB, Hobbs CV, Cameron MA, Boom JA, Sahni LC, Kong M, Nofziger RA, Schuster JE, Crandall H, Hume JR, Staat MA, Mack EH, Bradford TT, Heidemann SM, Levy ER, Gertz SJ, Bhumbra SS, Walker TC, Bline KE, Michelson KN, Zinter MS, Flori HR, Campbell AP, Randolph AG, Overcoming COVID-19 Investigators. Effectiveness of Maternal mRNA COVID-19 Vaccination During Pregnancy Against COVID-19–Associated Hospitalizations in Infants Aged <6 Months During SARS-CoV-2 Omicron Predominance — 20 States, March 9, 2022–May 31, 2023. Weekly / September 29, 2023 / 72(39);1057–1064. (https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/72/wr/mm7239a3.htm?s_cid=mm7239a3_w)

(4) https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Stellungnahme-COVID-19_Schwangerschaft.html

(5) https://www.sggg.ch/news/detail/impfung-gegen-covid-19

(6) https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/vaccines/recommendations/pregnancy.html

(7) https://s3.amazonaws.com/cdn.smfm.org/media/4181/SMFM_COVID_Vaccine_2023.pdf

(8) https://www.rcog.org.uk/news/maternity-colleges-urge-pregnant-women-to-have-flu-and-covid-19-vaccines-this-autumn